Am 13. August 1881 wurde in Ternitz in einer Sitzung der damaligen Werksfeuerwehr des Schoeller Stahlwerks der Beschluss gefasst, eine Musikkapelle zu gründen. Unter dem Namen Ternitzer Eisenwerks-Kapelle mit Leopold MICHELLER als Kapellmeister und zehn ausübenden Musikern, allesamt ehemalige Militärmusiker, entstand die Urform des 1. Ternitzer Musikvereins.
Protocoll!
Am 13. August 1881 um 6 Uhr Abends
Von dem Einberuffenen Feuerwehr Ausschuß sind folgende zu einer Besprechung erschienen:
Hr C. Kniepert, P. Kovacic, Al. Dorfstätter, C. Müller & L. Micheller.
Auf mehrheitliche Anregung & allgemeinen Wunsch wurde beantragt und gleichzeitig beschlossen in Ternitz und zwar von Seitens der Ternitzer Werksfeuerwehr eine Musikkapelle zu gründen, bei welcher Hr. Micheller Leop. als Kapellmeister ernannt wird und welche den Namen
Ternitzer Eisenwerks-Kapelle
führen wird.
Dieselbe wird vorläufig in Allem auf cirka 10 Mann bestimmt, und zwar sind nur folgende Mitglieder hierzu aufzunehmen welche gegenwärtig ihr eigenes Instrument haben.
Proben werden von jetzt an allwöchentlich nach Zeitzustand 1-2 auch wenn möglich noch mehr abgehalten wozu der Hausmeister ein leeres Zimmer mit dem hierzu noch nötigen zu besorgen hat.
Die erforderlichen neuen Musikstücke für eine derartige Musikbande in Noten gesetzt sind von Hr Kapellmeister Micheller zu besorgen und werden die Auslagen hierfür von der Feuerwehr Casse bestritten.
Gleichzeitig wurde noch bestimmt, daß, falls tüchtige Musikkräfte bekannt wären und Arbeit benötigen würden, dieselben hier in Arbeit aufgenommen und verhältnismäßig gut und dauernd beschäftigt werden, um die Kapelle nötigenfalls aus guten Kräften zusammenzustellen & eventuell auf 17-18 Mann bringen zu können.
Genaueres bezüglich der Gründung, Uniformierung und eines Musikfondes etz. wird noch durch weitere Sitzungen berahten und festgestellt werden.
Zur Aufnahme für die zu gründende Capelle wurden folgende zur Sitzung beigezogen und haben sich dieselben gleichzeitig als mitwirkende Mitglieder resp. Musiker erklärt und mit allem einstimmig einverstanden erklärt:
Schürer Josef, Jost Johann, Rath Franz, Haberler Math., Tarra Johann, Preischl Heinr., Tisch Josef, Koihser Ferd., Pelz Dionisius & Micheller Leopold als Kapellmeister bestimmt.
Ternitz, am 16. August 1881
Für Ternitzer Werksfeuerwehr
C Kniepert
Die Instrumentierung und Erstuniformierung mit Feuerwehruniform wurde von der Werksfeuerwehr bezahlt, und alle weiteren Kosten zur Erhaltung der Ternitzer Eisenwerks-Kapelle wurden fortan von der Werksdirektion des Schoeller Stahlwerks getragen. Eine Probestätte wurde am Werksgelände des Schoeller Stahlwerks im ehemaligen Lohnbüro zur Verfügung gestellt. Zur weiteren finanziellen Unterstützung wurden 10 Kreutzer pro Belegschaftsmitglied einem Musikfonds zugeführt.
Nach dem Ableben von Kapellmeister MICHELLER im Jahre 1898 übernahm der 1. Flügelhornist A. ZIEGLER die Kapellmeisterstelle. Die Kapelle wurde laufend durch abgerüstete Militärmusiker verstärkt, und bald wurde die Ternitzer Eisenwerks-Kapelle eine der bekanntesten Musikkapellen an der Südbahnstrecke.
1912 schied Kapellmeister A. ZIEGLER durch seine Pensionierung aus. An seine Stelle trat Mathias SCHNABEL, der im Infanterie-Regiment Nr. 68 und Honved-Regiment 5 als Konzertmeister diente. Damals wurde der Probenbesuch mit 2 Kronen je Probe und Musiker honoriert.
Durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Jahre 1914 wurden die Aufbauarbeiten der Ternitzer Eisenwerks-Kapelle jäh gehemmt. Dennoch führte Kapellmeister SCHNABEL die Kapelle weiter.
Im Jahre 1921 hatte die Werksleitung des Schoeller-Stahlwerks am Weiterbestand der Werkskapelle kein Interesse mehr. Unter dem neu gewählten Kapellmeister Josef LENZENHOFER wurde auf Wunsch der Musiker der 1. Ternitzer Musikerverein gegründet. Erster Obmann wurde Rupert WOLTRON. Die Kosten für die Neuuniformierung wurden vom Arbeiterbetriebsrat des Schoeller Stahlwerks übernommen.
Durch die herausragende Nachwuchsarbeit von Kapellmeister LENZENHOFER und Kapellmeister-Stellvertreter Franz SANTROUCEK erreichte der 1. Ternitzer Musikverein bald eine Stärke von 40 Mann. Auch ein Streichorchester entstand unter der Leitung jener zwei Persönlichkeiten. Josef LENZENHOFER und Franz SANTROUCEK betätigten sich auch als Komponisten - zu ihren Werken zählen unter anderem der Marsch "Dem Kameraden" (LENZENHOFER) und der "Ternitzer Feuerwehrmarsch" (SANTROUCEK), die beide heute noch gespielt werden.
Im Jahre 1938 wurde der 1. Ternitzer Musikverein wie manch anderer Kulturverein kurz nach der Besetzung durch die Deutsche Wehrmacht aufgelöst. Doch auf Betreiben des damaligen Schoeller-Bleckmann Werksdirektors FALKENBACH, ein großer Förderer des Vereins, wurde der 1. Tenritzer Musikverein als Werksscharenmusik reaktiviert. Die für die Pflege der Musik nötige Freizeit für Proben und Ausrückungen wurde großzügig gewährt, und auch Kosten für Ausrüstung und Uniformierung - Deutsche Uniform mit Schaftstiefeln - wurden wieder übernommen. Damals wurde der bereits bestehenden Tanzmusik der Ternitzer Werksscharenmusik anlässlich einer Werksveranstaltung der werksnahe Name Phönix-Tanzorchester gegeben.
Der Zweite Weltkrieg lichtete die Reihen der Kapelle, und gegen Ende des Krieges war auch der Spielbetrieb der Werksscharen- musik nicht mehr aufrecht zu erhalten. Im Rahmen der Wiedergutmachung wurde der 1. Ternitzer Musikverein im Jahre 1945 wieder ins Leben gerufen und rückte am 1. Mai 1945 im Auftrag der russischen Besatzungsmacht mit 16 Mann wieder aus.
Ombann Rupert WOLTRON legte anlässlich seiner Pensionierung seine Funktion zurück und wurde aufgrund seiner langjährigen Verdienste zum Ehrenobmann gewählt. Sein Nachfolger wurde Paul SCHÜRER.
Im Jahre 1952 legte nach 30-jähriger erfolgreicher Tätigkeit - beispielsweise wurde bei einem von der damaligen Österreichischen Radio-Verkehrs-AG in Wien (RAVAG) veranstalteten Blasmusikwettbewerb der 5. Platz unter 30 Kapellen erspielt - auch Kapellmeister LENZENHOFER krankheitsbedingt sein Amt zurück. Für seine Verdienste um den Verein wurde er einstimmig zum Ehrenkapellmeister ernannt, und die Stadtgemeinde Ternitz benannte sogar eine Straße nach ihm. Mit Kapellmeister LENZENHOFER beendete auch ein Großteil der älteren Musiker ihre aktive Laufbahn.
Durch das Ausscheiden der älteren, durchwegs routinierten Musiker war es schwer, das hohe musikalische Niveau der letzten Jahrzehnte zu halten. Unter dem neuen Kapellmeister Josef PEICHL wurde deshalb rasch umdisponiert, und die Ausbildung neuer junger Musiker wurde wiederaufgenommen.
Im Jahre 1954 trat der 1. Ternitzer Musikverein als 88. Mitglied dem NÖ Blasmusik- verband bei.
Anlässlich des 75-jährigen Bestandsjubiläums im Jahre 1956 wurde der 1. Ternitzer Musikverein auf Wunsch des damaligen Generaldirektors Kommerzialrat Anton SCHNITZER in Werkskapelle der Schoeller-Bleckmann Stahlwerke AG Ternitz umbenannt.
Im Jahre 1958 erfolgte die Umstimmung von hoher auf Normalstimmung. Die hierbei angefallenen Kosten wurden vom Firmenvorstand der Schoeller-Bleckmann Stahlwerke AG übernommen.
Nach Erreichen der Altersgrenze legte Obmann SCHÜRER seine Funktion zurück und stand bis zu seinem Tode 1979 der Werkskapelle als Ehrenobmann zur Verfügung. Zum neuen Obmann wurde im Jahre 1958 Emmerich HAUS gewählt, der den Verein bis zum Jahre 1979 umsichtig leitete. Jene herausragende Persönlichkeit wurde 1967 zum Bezirksobmann der Bezirksarbeitsgemeinschaft (BAG) Neunkirchen des NÖ Blasmusikverbandes gewählt und blieb dieser als Ehrenbezirksobmann noch lange erhalten.
Auch Kapellmeister Josef PEICHL wurde im Jahre 1957 als Bezirkskapellmeister in die BAG Neunkirchen gewählt. Dieses Amt übte er bis zum Jahre 1973 aus, und aufgrund seiner Verdienste wurde er zum Ehrenbezirkskapellmeister ernannt. Während seiner Tätigkeit als Kapellmeister der Werkskapelle Ternitz konnte Josef PEICHL die Kapelle auf Kunststufen-Niveau bringen. Er komponierte zudem 16 Stücke und arrangierte 8 Kompositionen.
Auf Initiative des Obmannes des Arbeiter-Betriebsrates der Schoeller-Bleckmann Stahlwerke AG, Franz BAUER, wurde 1964 die damalige Uniform durch die Berkknappentracht ersetzt. Die Kosten für die Einkleidung der Werkskapelle übernahm der Arbeiter-Betriebsrat.
Seit den 60er Jahren nimmt der 1. Ternitzer Musikverein regelmäßig an Wertungs- spielen teil und erspielte sich in der Mittel-, Ober- und Kunststufe durchwegs ausgezeichnete Erfolge, wofür der Verein den Ehrenpreis des Landeshauptmannes für 12-maligen 1. Rang mit Auszeichnung in der Oberstufe und 5-maligen 1. Rang mit Auszeichnung in der Kunststufe erhielt.
Krankheitshalber musste Kapellmeister PEICHL im Jahre 1968 seine Kapellmeisterstelle zurücklegen und wurde zum Ehrenkapellmeister ernannt. Seine Nachfolge trat Roman EHOLD an, der diese Funktion bis zum Jahre 1977 ausübte und die geleistete Aufbauarbeit von Ehrenkapellmeister PEICHL erfolgreich fortsetzte.
Im Jahre 1981 wurde das 100-jährige Bestehen der Werkskapelle VEW (Vereinigte Edelstahl-Werke) Ternitz gefeiert. Damaliger Kapellmeister war Rudolf KURZ, und die organisatorischen Belange nahm Obmann Dieter STADLMEIER wahr. Das Blasorchester der Werkskapelle Ternitz bestand damals aus 64 aktiven Musikern, dem Salonorchester, welches 1977 bis 1980 von Franz KREHAN geleitet wurde, der Tanzkapelle Phönix-Sextett unter der Leitung von Johann MUCKER und August SCHEED, und einigen kleineren Gruppen wie dem Bläserquartett, dem Hornquintett und dem St. Johanner Trio.
Im Jahre 1989 wurde die Werks- kapelle neu eingekleidet, denn die Bergknappentracht schien nach der Schließung des Stahlwerks nicht mehr zeitgemäß. Die musikalische Leitung der Kapelle unterlag zu jener Zeit Kapellmeister Karl WÜRKNER sen., und zum Obmann wurde im Jahre 1983 Bruno NAPRAWIK gewählt.
Eine neue Probestätte wurde im Jahre 1998 im Bildungszentrum Herrenhaus Ternitz zur Verfügung gestellt, und nach 44 Jahren wurde aus der Werkskapelle wieder der 1. Ternitzer Musikverein. Im Jahre 1992 wurde Wolfgang WALLY zum neuen Obmann gewählt, neuer Kapellmeister wurde 1998 Michael GASTEINER.
Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums im Jahre 2006 feierte der 1. Ternitzer Musikverein unter Obmann Alexander RATH und Kapellmeister Michael GASTEINER sein 125-jähriges Bestehen in seinem neuen Probelokal, das sich auch heute noch am Hans-Czettel-Platz gegenüber der Stadtgemeinde Ternitz befindet. Die geladenen Nachbarvereine fühlten sich hierbei sehr wohl, auch wenn der Platz aufgrund schlechten Wetters doch recht begrenzt war. Nach Alexander RATH übernahm Franz ZWINZ die Rolle des Obmanns.
Im Jahre 2009 beschloss der Vorstand unter Obmann Karl WÜRKNER und Kapellmeister Michael GASTEINER eine neuerliche Umstellung der Uniformierung, da durch zahlreichen Musikernachwuchs und jahrelange Abnutzung die alte Uniform nicht mehr tragbar war. Zum Herbstkonzert 2009 wurde die neue Uniform, deren Anschaffung unter anderem die Stadtgemeinde Ternitz finanzierte, feierlich präsentiert.
Momentan umfasst der 1. Ternitzer Musikverein 48 aktive Musiker und 4 Marketenderinnen und freut sich auf viele weitere Jahre musikalischer Tätigkeit, welche die Geschichte weiterschreiben werden.